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Fettsäureoxidationsstörungen

Max und die FAOD- Die Diagnose und die ersten Lebensjahre

Max wurde in der 41. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt geboren. Nach dem Neugeborenscreening (NGS) wurden er nach 6 Tagen zunächst  „gesund“ aus der Klinik entlassen. Zu Hause angekommen sind seine Mutter und er gerade dabei sich einzuleben, als die Familie einen Anruf erhält, woraufhin Max sofort in die Kinderklinik muss. 

10.10.2023
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Maximilians Steckbrief

Name: Maximilian

Land: Deutschland

Diagnose: VLCAD

MCT-Diät seit: 2008

Lieblingsessen: Sushi

Wir stellen uns vor

Mein Name ist Ulrike, ich bin die Mutter von Max, der 2008 mit der Fettstoffwechselstörung VLCAD- Mangel geboren wurde. Wir leben zu dritt in Bayern und unser Sohn besucht aktuell die 10. Klasse eines Gymnasiums.

Die Geburt und Diagnose

Max wurde in der 41. Schwangerschaftswoche geboren. Aufgrund eines Geburtsstillstands kam er durch einen Kaiserschnitt auf die Welt. Nach der Geburt haben wir uns für das Neugeborenscreening (NGS) entschieden und wurden nach 6 Tagen „gesund“ aus der Klinik entlassen. Zu Hause angekommen waren wir gerade dabei, uns einzuleben und mein Mann hatte uns für einen Einkauf kurz allein gelassen, als ich einen lebensverändernden Anruf bekam. Eine Ärztin teilte mir kurz und emotionslos mit, dass wir sofort mit Max in der Kinderklinik vorstellig werden müssen. Beim NGS sei etwas auffällig gewesen und es bestehe Komagefahr. Nach dem ca. einminütigen Gespräch war ich völlig schockiert. Meinen Mann konnte ich nicht schnell genug erreichen und beim Blick ins Internet stieß ich auf die Begriffe „schwere Erkrankung“, „schlechte Prognose“ und „tödlich“. Als mein Mann nach Hause kam, fuhren wir sofort in die Kinderklinik, wo uns die ersten wichtigen Schritte mitgeteilt wurden: Überwachung der Blutwerte, sofortiges Abstillen und Umstellung auf Spezialnahrung. Hinzu kam die Einhaltung von maximal 2 Stunden Nahrungspause.

Wir sind immer sehr offen mit Max‘ Erkrankung, der Bedeutung für die spezielle Ernährung und den notwendigen Essenszeiten umgegangen. Wir haben es geschafft, Außenstehende angstfrei zu informieren und bei Verantwortungsabgabe Vertrauen zu vermitteln.

Ulrike über den Umgang mit der FAOD

Die ersten Wochen

Die ersten Wochen waren anstrengend und eine emotionale Achterbahnfahrt. Die Krankheit war 2008 noch wenig bekannt, es gab noch keine Netzwerke und nur wenig Informationen im Internet. Wir fühlen uns hilflos. Fragen wie: „Wird er je in einen Kindergarten gehen können“ „Kann er eine normale Schule besuchen“ „Was darf er überhaupt essen“, konnte uns keiner sicher beantworten. Diese Ungewissheit in Verbindung mit dem Druck, dass Max alle 2 Stunden eine Flasche Spezialnahrung trinken musste, haben uns viel abverlangt. Nachdem Max sich an die Spezialnahrung einigermaßen gewöhnt hatte, wurden wir nach Hause entlassen und versuchten dort unseren Alltag zu etablieren. Nachts klingelte der Wecker im 2 Stunden Takt, wobei wir Max oft nur schwer aufwecken konnten und er häufig die Flasche verweigerte.

Die ersten Monate / Sondenernährung

Durch den Druck des „trinken Müssens“ und die hohen Trinkmengen stießen wir bald an unsere Grenzen. Max spuckte die Milch oft wieder aus. Wir probierten, die verlorene Menge erneut zu verabreichen, allerdings verweigerte Max die Flasche irgendwann komplett.Es folgte übergangsweise eine Ernährung über eine nasale Magensonde und final im Alter von 9 Monaten über die Bauchdecke. Die Entscheidung für diese sogenannte PEG-Sonde und die damit verbundene Operation fiel uns damals nicht leicht. Rückblickend war es das Beste, was wir tun konnten. Es hat viel Ruhe, Frieden und Normalität in unser Familienleben gebracht. Eine Pumpe übernahm nun die Nachtmahlzeiten, tagsüber gaben wir auch weiterhin die Flasche. Die Portionen konnten kleiner gehalten werden, sodass die Nahrung besser toleriert wurde. Wir konnten uns nachts wieder erholen. Unser Sohn entwickelte sich prächtig zu einem sehr fröhlichen kleinen Kerl.

Ernährung in den ersten Jahren

In der Kinderklinik wurde der Ernährungsplan in den nächsten Jahren regelmäßig an das aktuelle Gewicht von Max angepasst. Durch die kalorienreiche und eng getaktete Ernährung über die PEG-Sonde entwickelte Max weder Hungergefühl noch Interesse an oraler Essensaufnahme. Das natürliche Hungergefühl und die damit bei Kindern verbundene Experimentierfreude kam nie auf. Durch den schwierigen Start in den ersten Lebensmonaten, die Milchverweigerung, das regelmäßige Erbrechen und des „Trinken-Müssens ohne Hunger“ entwickelte er eine Hypersensibilität im Mundbereich. Bereits ein Krümel an der Lippe verursachte Würgen und Erbrechen, Sand an Händen und Füßen ebenso.  Nach einer langwierigen Therapie mit einer Logopädin konnte der Hyposensibilität Schritt für Schritt entgegengewirkt werden. Mit 3 Jahren aß Max im Zeitlupentempo ein bis zwei Löffel Joghurt mit MCT-Öl. In einem weiteren Schritt lutschte er an einem Stück Schinken und im Alter von 4 Jahren traute er sich an ein paar weiche Nudeln oder Gemüse mit MCT-Öl. Mit 5 Jahren konnte er immer mehr Lebensmittel in seine Ernährung integrieren. Max wurde mutiger und experimentierfreudiger. Den Hauptanteil seiner Nahrung bezog er allerdings nach wie vor über die Spezialnahrung und die Sonde.

Krippe und Kindergarten

Wir sind immer sehr offen mit Max‘ Erkrankung, der Bedeutung für die spezielle Ernährung und der notwendigen Essenszeiten umgegangen. Wir haben es geschafft, Außenstehende angstfrei zu informieren und bei Verantwortungsabgabe Vertrauen zu vermitteln. Wir fanden eine Krippe mit anschließendem Kindergarten, der die Sondenernährung - nach Schulung durch uns - selbständig übernommen hat. Dafür sind wir heute noch sehr dankbar. Alle Mahlzeiten wurden von uns vorab vorgemixt, Max konnte mit Ernährungspumpe und Ernährungsspritzen in die Betreuung gehen und wurde großartig betreut.

Weg von der PEG-Sonde?

Unser größter Wunsch war, dass Max „normal essen“ könnte und er bis zur Einschulung die Sonde los sein würde. Wie sollte das funktionieren, wenn er den Drink zur Nacht oder Nahrung bei Krankheit verweigerte? Hier halfen uns sein starker Wille und ein sportlicher Zufall.In unserer Ortschaft wird Kindern ab 5 Jahren Taekwondo angeboten. Nach einem ersten Besuch beim Training war für Max klar, „da will ich mitmachen“. Wir schickten ihn zum Trainer, um selbst zu fragen, ob er mit der Sonde zum Training kommen darf.Ein militärisch wirkender, großer Mann schaute auf den kleinen Kerl und sagte: „Mit dem Ding da am Bauch kannst Du leider nicht mittrainieren. Das ist zu gefährlich“. Mir ist fast das Herz zerbrochen. Aber Max hat diese Aussage angespornt. Er beschloss: „Mama, ich muss jetzt diesen Drink am Abend trinken und muss ordentlich essen, damit wir die PEG rausmachen können.“Neben diesem Kampfgeist half uns auch unser offener Umgang mit Max. Egal in welchem Alter, wir haben immer alles mit ihm besprochen, wodurch ihm die Wichtigkeit einer regelmäßigen Ernährung bewusst war. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten zeigte er uns: „Ich kann das Leben ohne Sonde meistern!“.

Wenige Monate später war der OP-Termin, die Sonde wurde entfernt, er strotzte vor Selbstbewusstsein und ging endlich zum Taekwondo Training.

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