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Fettsäureoxidationsstörungen

Diagnose LCHAD – Unsere Geschichte

Die Schwangerschaft mit meinem zweiten Kind verlief ohne Komplikationen, sieht man davon ab, dass auch unser zweites Kind an Länge und Gewicht ziemlich groß zu werden schien.[...] Die Geburt war komplett unkompliziert und alles lief gut für unsere kleine Familie. Merkwürdig war nur eine Situation, die wir erst im Nachhinein als erste Krise wahrgenommen haben...

14.11.2023
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Marthas Steckbrief

Name: Martha

Land: Deutschland

Diagnose: LCHAD

MCT- Diät seit: 2008

Lieblingsessen: Vegetarisches Gulasch mit Jackfruit

Die Geburt

Die Schwangerschaft mit meinem zweiten Kind verlief ohne Komplikationen, sieht man davon ab, dass auch unser zweites Kind an Länge und Gewicht ziemlich groß zu werden schien. Aber das waren wir schon von unserem Erstgeborenen gewohnt. Mein Frauenarzt ließ nicht locker, bis ich den Schwangerschaftsdiabetes-Test machte, ohne Befund. Nachdem das abgeklärt war, ließ ich die letzten Wochen der Schwangerschaft nur noch über meine Beleg-Hebamme kontrollieren. Wie auch mein erstes Kind ist meine Tochter zu Hause auf die Welt gekommen. Die Geburt war komplett unkompliziert und alles lief gut für unsere kleine Familie. Merkwürdig war nur eine Situation, die wir erst im Nachhinein als erste Krise wahrgenommen haben. Unsere Tochter lag ein paar Stunden nach der Geburt in Ihrer Schaukelwiege und fing dort an zu zittern. Als man sie mir dann brachte und ich sie an die Brust anlegte, legte sich das Zittern wieder. In der folgenden ersten gemeinsamen Nacht war sie sehr kraftvoll und verlangte ständig lautstark an die Brust gelegt zu werden. Wir gaben ihr den Namen Martha, der für mich eine kraftvolle und bodenständige Bedeutung hat.

Wir haben von Anfang an der genetischen Besonderheit nur so viel Aufmerksamkeit gegeben, wie es die jeweilige Situation gebraucht hat. Ansonsten haben wir, auch aufgrund des älteren Geschwisterkindes, unser normales Leben so gut wie möglich weitergelebt.

Der Umgang der Familie mit Marthas Erkrankung

Das Neugeborenenscreening

Wenige Tage später führte unsere Hebamme das Neugeborenenscreening durch, bei dem Blut aus dem Babyfuß entnommen wird. Wir hatten erst noch überlegt, ob das infrage kommt, aber ein unbestimmtes Bauchgefühl sagte mir, dass wir die Untersuchung machen sollten. Die Trockenblutkarte wurde ausgefüllt und weggeschickt. Da die Post zu der Zeit im Streik war, kam unsere Karte mit einigen Tagen Verspätung im Labor an. Wir hatten den Test bereits vergessen, als wir eines Abends, Martha war bereits 14 Tage alt, einen Anruf erhielten. Das Neugeborenenscreening zeigte Auffälligkeiten und wir sollten uns am nächsten Morgen mit einer gepackten Tasche im Kinderkrankenhaus vorstellen. Dort wurden wir bereits erwartet. Als wir in der voll besetzten Ambulanz ankamen, winkte man uns sofort durch. Martha wurde Blut aus einer Stelle am Kopf entnommen, was für mich besonders schmerzlich war. Anschließend wurden wir sofort mit Krankenwagen und Blaulicht in die für FAOD spezialisierte Stoffwechselambulanz gefahren. Alles ging so schnell, dass wir gar keine Zeit hatten, uns über diese ungewöhnliche Situation zu wundern. Erst im Nachhinein habe ich verstanden, wie brisant dieser Moment war. In der Stoffwechselambulanz angekommen, musste ich mich erst einmal von meinem Erstgeborenen verabschieden, der als Kleinkind keinen Zutritt zur Station hatte. Meine Tochter und ich bekamen ein Einzelzimmer, die Blutwerte wurden geprüft und analysiert und ein erstes Ärztinnengespräch folgte. Ich weiß noch, dass ich sie gerade gestillt habe, als man uns zum Gespräch bat.

Ärztliches Gespräch – erste Diagnose

Da die genetische Überprüfung noch nicht vorlag, tippte man zunächst auf den VLCAD-Mangel, der, so erklärte man uns, weniger strenge Regeln in der Ernährung nach sich zöge. Die Ärzt*innen machten diese erste Vermutung auch am guten gesundheitlichen Zustand von Martha fest, die bis zu dem Zeitpunkt ausschließlich gestillt wurde und keinerlei Auffälligkeiten zeigte. Später wussten wir dann, dass Martha einen LCHAD-Mangel hat. Ich bin heute noch froh, dass unsere Ärztin uns damals über Marthas chronische Erkrankung aufgeklärt hat. Sie konnte mir die Fettsäurenoxidationsstörung verständlich erklären und sie zeigte sich offen und flexibel für unsere Situation. So fühlte ich mich verstanden und gut aufgenommen. Mir war es vor allem anderen sehr wichtig, dass ich meine Tochter weiterhin stillen konnte. So kam es, dass wir den Versuch starteten, Martha zur Hälfte zu stillen und zur anderen Hälfte per besonderer Flaschennahrung mit einem hohen Anteil MCT- Fetten zu ernähren. Mir war damals nicht klar, dass dies für eine Ärztin ein Sprung über ihren ‚medizinischen Schatten‘ bedeuten musste, denn tatsächlich waren wir die ersten, die das Vorhaben durchzogen. Martha hat das alles gut mitgemacht – ihr war es wohl egal, woher die Milch kam. Uns allen kam dabei zugute, dass sie immer schon eine gute Trinkerin war und später auch Esserin wurde.

Das Leben wieder in den Griff kriegen

Neben allen Krisen und Ungewissheiten, haben wir rückblickend bei vielen Gelegenheiten unglaublich viel Glück gehabt und unsere Familie konnte sich in unserer sehr besonderen Situation gut einrichten. Wir haben von Anfang an der genetischen Besonderheit nur so viel Aufmerksamkeit gegeben, wie es die jeweilige Situation gebraucht hat. Ansonsten haben wir, auch aufgrund des älteren Geschwisterkindes, unser normales Leben so gut wie möglich weitergelebt. Wir haben zwar schnell unser Leben wieder in den Griff bekommen, trotzdem wäre es sehr hilfreich gewesen, uns eine psychologische Betreuung zur Seite zu stellen, da wir in vielen Situationen an unsere Grenzen gestoßen sind.

 

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